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Die Geschichte des Foulards – eine Zeitreise

Der lange Weg nach Europa

Das Foulard als ein beständiges Kleidungsstück unserer Garderobe weist eine Historie auf, welche den Wandel unserer Gesellschaft auf eine einmalige Weise widerspiegelt. Obwohl der Schnitt und die Farben je nach Kultur sehr voneinander variieren, zeigt der Schal wie sich die allgemeinen sozialen Werte und die Wirtschaft verändert haben.   

Archäologische Funde von Webstühlen in China beweisen, dass bereits 4’000 Jahre vor Christus Schals hergestellt wurden. Auch später galt China während der Dynastie des Kaisers Huáng Dì als der Seidenproduzent schlechthin. Nach einer Sage dieser Zeit, soll Leizu, auch bekannt als Xi Lingshi, unter einem Maulbeerbaum einen Tee getrunken haben, als ein Kokon in ihren Tee fiel. Sofort habe die Gattin des Kaisers den Faden des Kokons um den Finger gewickelt, wobei sie gleich merkte, dass dieser Faden als Webstoff gebraucht werden kann. Eine neue Industrie war geboren und kurbelte die Wirtschaft an.

Xi Lingshi

Mehrere Tausend Jahre lang wurde das Geheimnis der Seidengewinnung streng gehütet. Niemandem ausserhalb von China war es möglich, aus diesem eleganten Stoff grosse quadratische Foulards herzustellen. Weder die Eier der Seidenwürmer noch die Samen der Maulbeere durften exportiert werden. Wer es wagte, einer dieser Komponenten zu schmuggeln, wurde mit dem Tode bestraft. Über Karawanenwege, wie der Seidenstrasse, wurden Erzeugnisse aus Seide an weit entfernte Kunden geliefert. Auch wohlhabende Menschen in Rom begehrten diesen Stoff und wollten diesen um jeden Preis besitzen. Während der Herrschaft von Kaiser Augustus erreichte dieser Handel seinen Höhepunkt und wurde schon bald zum Allerweltsgut.

Die Seidenraupenzucht – und somit auch deren Erzeugnisse – gelangten jedoch auch aufgrund des Planes des römischen Kaisers Justinian I. nach Europa. Er schickte im 6. Jahrhundert zwei christliche Mönche nach China, damit sie die Herstellung von Seide erlernen konnten. Wobei es auch ihre Aufgabe war, die Eier der Seidenraupen und Samen des Maulbeerbaums zu stehlen. In ihren Wanderstöcken sollen sie diese versteckt, erfolgreich geschmuggelt und nach Byzanz gebracht haben.

Im Laufe der Zeit erhielten auch die Araber Kenntnis von dieser Produktion, wobei sich das Wissen gleichzeitig über ganz Europa verbreitete. Nach Italien gelangte es im 10. Jahrhundert – Italien ist bis heute Produzent von edlen Schals. Im 15. Jahrhundert wurden auch in Frankreich vermehrt Foulards hergestellt und dabei die Mode massgeblich geprägt. Sogar entlang des Rheins wurden im 19. Jahrhundert, auch wenn mit wenig Erfolg, Maulbeerbäumen gepflanzt und die Seide zur Produktion von Schals gebraucht.

Das damalige grössere Foulard erreichte in Europa unterschiedliche Sozialschichten. Abhängig von der getätigten Arbeit und des finanziellen Status wurde der Schal aber zu anderen Zwecken gebraucht.

Die Veränderung der Funktionalität

Statuen aus Mesopotamien deuten darauf hin, dass ca. 3’300 vor Christus einfache grössere Schals über den ganzen Rücken getragen wurden. Die primäre Funktion des Schals war es, den Körper im Winter vor der Kälte und im Sommer vor der Sonneneinstrahlung zu schützen.

Königin Nofrete

Auch im alten Ägypten verwendete man Schals. Mitte des 14. Jahrhunderts trug die Königin Nofrete jeweils ein feines Foulard unter ihrem kegelförmigen Kopfschmuck. So war es Vermutungen nach, angenehmer die Krone zu tragen und schweissabsorbierend.

Römischer Soldat mit Schal

Römischen Soldaten banden um den Nacken herum einen Schal. Den Focale (Schal aus Wolle oder Leinen) trug man um den Hals unter der Rüstung, um die Haut vor Scheuern zu bewahren. Die Frauen bevorzugten ein Palla, welcher um den Körper und den Kopf drapiert wurde. Das Palla wurde mit einer Brosche am Kleid befestigt und übernahm die Aufgabe eines Mantels.

Eleganter Sakkos
Eleganter Sakkos

In der hellenistischen Mode waren Sakkos auch sehr beliebt, dabei wurden lange Schals über die Schultern geworfen und prägten das Outfit der Frauen.  

Eleonore von Aquitanien
Eleonore von Aquitanien

Im Mittelalter wurden von wohlhabenden Frauen lange feine Schals getragen. Die Königin Eleonore von Aquitanien soll mit dieser Mode angefangen haben.

Hennin mit edlem Tuch
Hennin mit edlem Tuch

Im 14. Jahrhundert trugen aristokratische Frauen in Frankreich ein Hennin. Heute kennt man es als Prinzessinenhut, welcher von der Spitze herab mit einem feinen Tuch geschmückt wurde.

Im 17. Jahrhundert wurden die Schals auch zunehmend von Soldaten verwendet.

Kaiser Napoleon soll im 18. Jahrhundert Schals aus weichem Kaschmir der Kaiserin Joséphine mitgebracht haben. Diese Foulards aus der Stadt Kaschmir in Indien wurden von der Kaiserin regelrecht gesammelt. Auch die nachfolgende Kaiserin Marie-Louise mochte diese edlen Schals und konnte nicht genug davon haben. Das Tragen eines Schals wurde immer beliebter bei den Franzosen, die Nachfrage in Paris war kaum zu stoppen.

Fi Chu Schal im 18. Jahrhundert
Fi Chu Schal im 18. Jahrhundert

Der Fi Chu Schal, ein grosses quadratisches Halstuch, war vor allem im 18. und 19. Jahrhundert sehr beliebt. Dieser Schal wurde typischerweise aus Leinen oder Spitze gefertigt. Dieses Kleidungsstück wurde diagonal zu einem Dreieck gefaltet und über den Schultern getragen. Der Fi Chu Schal wurde vor der Brust zusammengebunden und sollte den Ausschnitt des Kleides decken.

In der Damenmode des späten 19. Jahrhunderts und des frühen 20. Jahrhunderts wurde der Schal länglicher, denn die Damen jener Zeit wollten ihre Silhouette schlanker aussehen lassen.

Obwohl nach der industriellen Revolution die ganz edlen Stile langsam verschwanden, trugen Männer immer noch schicke Halstücher und Krawatten.

Arbeiterin mit Foulard
Arbeiterin mit Foulard

Auch in den Kriegsjahren trug man Schals und Tücher, es wurden jedoch weniger opulente Materialien verwendet, was als Spiegelbild der vorhandenen Angst der Gesellschaft verstanden werden kann. Die Funktionalität änderte sich hin zu einem Gebrauchsgegenstand. Frauen brauchten das Foulard um ihre Haare während der Arbeit auf den Feld- und Munitionsfabriken zusammenzubinden.

In der Nachkriegskultur wurden die blassen, grauen Farben der Foulards mit hellen farbigen ersetzt und stellen heute ein unverzichtbares Kleidungsstück dar.

Hinsichtlich der Funktion des Foulards hat sich dementsprechend einiges geändert. Während sich früher die Menschen mit dem grossen quadratischen Schal vor allem gegen die Kälte schützten und den Schal als eine Art Mantel verstanden, versuchten später Soldaten ihre Haut rund um den Nacken vor Staub und Steinen zu bewahren.

In Europa wurde das Foulard mit dem aufkommen von richtigen Mänteln immer kleiner, bis sie die heute uns bekannte Grösse erreichten. Je nach politischer Situation und sozialer Schicht wurde das Foulard jedoch auch hier unterschiedlich gebraucht. Der Schal für die Arbeiterschicht diente immer noch als Schutz für den Nacken, wobei die Wohlhabenden mit edlen Foulards ihren Status symbolisierten. Allgemein kann jedoch beobachtet werden, dass sich der Schal vom Gebrauchsgegenstand zu einem modischen Accessoire entwickelt hat. In der heutigen Zeit sind Schals für alle Menschen erwerbbar, feine Seiden- oder Kaschmirschals sind jedoch stets, auch wenn nicht mehr in dem Ausmass, ein Symbol für Luxus und Stil.

Pioniere und innovative Techniken

Die älteste Technik zur Herstellung von Textilien ist die Webkunst. Das Weben ist einer der ersten Handwerke der Menschheit. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass bereits seit 32’000 Jahren gewebt wird. Schon sehr früh wurden gewobene Textilien und Teppiche gehandelt und führten für viele Völker zum Reichtum. Auch im alten China wurde gewoben, wobei mit der Erfindung der Seidenraupenzucht die Branche sich revolutionierte. Nun war es für sie möglich, edelste Stoffe herzustellen und im Ausland zu verkaufen. Als jedoch im Laufe der Zeit sich die Nachfrage in Europa erhöhte und weder Italien, noch Frankreich dem nachkommen konnte, wurde die Produktionsweise industrialisiert. Der Luxusgüterhersteller Hermès aus Paris brachte als Pionier 1937 seinen ersten Seidenschal heraus und versprach höhere Qualität und ein exklusives Design. Das Foulard so wie wir es kennen war geboren.

Unvergessliche Ikonen

Audrey Hepburn
Audrey Hepburn

Grace Kelly
Grace Kelly

Jacqueline Kennedy
Jacqueline Kennedy

Brigitte Bardot
Brigitte Bardot

 

Autorin: Melis Karaali

Quellen

  • https://www.waremakers.com/ch/warepedia/scarves
  • https://www.chinarundreisen.com/china-info/die-chinesische-seide.htm
  • https://www.shiatsu-austria.at/index.php/daoismus/chinas-geheimnis-der-seidenherstellung
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Weben
  • Bild Leizu: https://www.pinterest.ch/pin/87749892714846427/
  • Bild Königin Nofrete: https://www.tagesspiegel.de/wissen/aegypten-die-heikle-mitgift-der-nofretete/1584414.html
  • Bild Soldat: https://keywordsuggest.org/gallery/1453301.html
  • Bild Sakkos: https://www.messala.de/griechische-mode.htm
  • Bild Eleonore von Aquitanien: https://www.emma.de/artikel/emma-serie-herrscherinnen-eleonore-von-aquitanien-264166
  • Bild Hennin: https://altevolkstrachten.de/tag/hennin/
  • Bild Fi Chu Schal: https://www.pinterest.ch/pin/558305685047148852/
  • Bild Arbeiterin mit Foulard: https://www.pinterest.ch/pin/338966309436263706/
  • Bild Audrey Hepburn: https://www.pinterest.ca/pin/337840409528535043/
  • Bild Grace Kelly: https://d.repubblica.it/argomenti/2011/11/12/foto/grace_kelly_style-600247/1/?refresh_ce
  • Bild Jacqueline Kennedy: https://www.pinterest.ca/pin/134967320067936285/
  • Brigitte Bardot: https://www.pinterest.ca/pin/252060910369319308/
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